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Vor dem Schlag / Deeskalation


Oftmals fängt alles ganz harmlos an. Eine Stichelei hier, ein böser Blick da. Sehr viele Hauereien resultieren aus vorangegangenen Situationen. Da wird jemand angemacht, weil sich der "Anmacher" provoziert gefühlt hat. Oder jemand ist einfach nur auf Streit aus und versucht einen Grund zu finden, um zuzuschlagen. Wat nu?
Am vernünftigsten wäre es, einfach wegzugehen oder sogar die Beine in die Hand zu nehmen. Diese Antwort wäre wohl aber jedem auf Anhieb eingefallen. Naja - was können wir denn sonst tun, um eine Klopperei zu vermeiden?

Nun, wir können versuchen, um jeden Preis zu beschwichtigen und den Angreifer auf ein Bier einladen. Wir können aber auch Feuer mit Feuer bekämpfen und möglichst aggressiv, am besten volle Breitseite, zurückstänkern, und z.B. fragen, ob er ein Problem hat. Die andere Alternative ist die des Versuchs, die Sache ruhig zu klären.
Also fast drei Meinungen, zumindest die ersten beiden wie Feuer und Wasser. Welche ist die beste?
Nun, kann (mal wieder) nicht pauschal beantwortet werden. Es kommt eben auf die konkrete Situation und nicht zuletzt auch darauf an, wie wir unsere "Chancen" für den Fall einer physischen Auseinandersetzung sehen. Als muskelbepackter Quadratschädel, der von einem hanswürstigen Spargeltarzan (nicht unterschätzen!) bedrängt wird, käme Alternative 1 sicher eher in Frage als in der Situation als 'Otto Normalangemachter', der von einer finsteren, aus Bodybuildern mit Nahkampfspange bestehenden Gang in einsamer Straße umkreist wird. Gehen wir doch einfach mal von einer 'normalen' (was-auch-immer-das-sein-mag) Anmache eines oder zweier Bösewichter aus. Die Alternativen 1 und 2 ("Feuer und Wasser") sollten wir wohl dann in die Tonne kloppen. Grund: Nr. 1 kann zwar ziehen - wenn einer aber auf Streit aus ist, ist er nicht auf Bier aus. Kann man vielleicht gewinnbringend mit Methode Drei kombinieren. ;) (Im Extrem - abfüllen, bis er von alleine umkippt, ahem, kleiner Schörz am Rande ;) ).
Nr. 2 zieht wohl nur, wenn unser Äußeres einem Schrank von 2 m² ähnelt und der andere ein Würstchen ist. Und selbst dann nicht immer (alles schon mal dagewesen, kleine besoffene Spritköppe neigen manchmal, gerade wenn sie vor ihren Kumpels bestehen müssen, doch erheblich zu Gewalttätigkeiten. Vor Gericht können sie sich das dann natürlich ü-ber-haupt nicht erklären, jaja [seufz]). Nuja, mit der Methode kriegen wir vielleicht einen halb unsicheren Zauderer klein, das Risiko ist aber hoch, insgesamt also nicht so die prickelnde Methode. Mal davon abgesehen, daß wir rechtlich ein wenig am [zensiert] sind, wenn's zu 'ner Hauerei kommt. Ist dann eben nicht mehr ganz so klar, wer der Angreifer war.
Am vielversprechensten ist da die Methode Drei. Versuchen, ganz ruhig zu bleiben. Ihn ruhig fragen, was los ist. Wenn jemand ihn gegen uns aufgestachelt hat: fragen, was gesagt wurde. Gar nicht mal, wer das weitergesagt hat. Dem Wortführer sagen 'Hey, ich will keinen Streit, ich habe nichts gegen Dich, ich habe dich nicht blöd angemacht/geguckt, ich will nichts von Dir'. Ggf.: 'wenn Du meinst, daß da was war, können wir das bei einem Bier klären'. Oder 'ich will einfach nur hier in Frieden [irgendwas]...'.
Also ihm bloß nicht durch irgendeine Bemerkung einen Vorwand liefern, weiterzusticheln. Wenn er irgendjemanden reinbringt, der irgendwas behauptet hätte - ich würde diesen Jemand gar nicht erwähnen. Schon gar nicht sagen 'Dein Freund lügt'. Das wäre ein Vorwand, den er braucht, um eine Schlägerei vom Zaun zu brechen. Er könnte ja schon so auf die Idee kommen, zu sagen 'Ey, du streitest das ab? Du sagst, mein Freund ist ein Lügner?' Dann kann immer noch gesagt werden, dies sei ein Mißverständnis. Gerade wenn mehrere der 'Gegenseite' dabei sind: möglichst niemanden anderen als den Wortführer erwähnen. Möglichst nur zu ihm sprechen, auch die anderen nicht erwähnen. Die Gefahr, als Lügner etc. dargestellt zu werden, ist zu groß. Den Wortführer anschauen, nicht die anderen. Wer nervös rumguckst, bekommt wahrscheinlich einen Spruch in der Art 'Ey, ich rede mit Dir' zu hören. Andererseits ihn nicht wie das Karnickel die Schlange fixieren, aber immer wieder Blickkontakt suchen. Selbst das ist aber immer einzelfallabhängig, darin kann - je nach Nationalität - auch schon wieder eine Provokation (jaja, Respekt und so...) zu sehen sein. Also möglichst nicht über mehrere Sekunden fixieren (wäre nur bei Methode Zwei ratsam).
Und dummerweise ist das alles am Zuverlässigsten, wenn wir möglichst ruhig bleiben und mit normaler, sicherer Stimme sprechen. Das ist verdammt schwierig, ich weiß. Ist letztendlich eine Frage der Selbstsicherheit. Wenn jemand in dieser Weise auf uns zukommt und "anmacht", dann hat er uns als 'Opfer' eingestuft. Mit sicherem Auftreten kann seine Einschätzung zumindest ins Wanken gebracht werden. Leicht gesagt, jaja. Is' aber wohl so.

Lange Rede, kurzer Sinn: möglichst versuchen, cool zu bleiben. Bedenken, daß der Gegenüber nach der verbalen Anmache meist noch einen Vorwand braucht, um zuzuschlagen. Was nun den Vorwand liefert ist dummerweise wieder Einzelfrage, kann also nicht generell beantwortet werden. Und diesen Vorwand eben nicht zu liefern, das muß das Ziel sein. Ich meine, die Schlägereivermeidungsmöglichkeit (whow, was'n Wort ;) ) ist mit Methode Drei am höchsten.

Aber gut - frustrierenderweise ist es trotz allem so, daß derjenige, der sich wirklich schlagen will, er immer einen Vorwand findet :-( . Denn ´wer suchet - der findet!´. Leider. Da hilft das beste Beseiern nix. Und wenn er dreimal keinen Vorwand findet, dann schlägt er eben so zu. Also auch bei der Diskussion immer auf der Hut sein. Die Hände aus den Taschen zu ziehen, ist schon mal kein Nachteil. Sicheren Stand gesucht? Die Flossen sollten aber nicht unbedingt in Boxstellung gebracht werden - auch dadurch ließe sich ein Vorwand zum Schlag konstruieren. Um schnellstmöglich im Falle des Falles die Deckung parat zu haben, sollten die Arme auch nicht herunterbaumeln.
Es bietet sich an, die Arme locker übereinander zu legen, so als wollten wir uns selbst umarmen. Aber wirklich nur ganz locker. Keinesfalls die Arme übereinanderschlagen oder sonst verknoten. Aus der beschriebenen Stellung heraus könnte der obenliegende Arm nach oben vors Gesicht schnellen, der untere Arm von Körper und Unterleib bewegt werden. Alternativ kann auch die 'Denkerposition' eingenommen werden. So wie bei der berühmten Plastik. Also: wir umarmen uns mit einem Arm (dieser ist für Körper/Unterkörper zuständig). Mit dem anderen Arm, bzw. mit der Hand, stützen wir unser Kinn ab (diese Hand schützt Kopf und Hals), der Ellenbogen dieses Armes stützt sich auf den Unterarm oder das Handgelenk des 'umarmenden Arms'. Somit ist die 'Kinnhand' praktisch bereits vor Ort, der 'umarmende Arm' müßte nur noch ein wenig nach unten fallengelassen werden.
Zu den Verteidigungen und Blöcken an sich mehr an anderer Stelle.


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© 1999 Christian Stücke