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Einige grundsätzliche Regeln...


...die als Basis für eine Vermeidung von Gewalttätigkeiten gegen sich (oder andere) gelten:

Regel Nr. 1: "Nicht da sein"

Kleine Story am Rande: ich unterhielt mich einmal mit einem befreundeten Chinesen (Hallo, Yu!) über das Thema "Selbstverteidigung". Wie wir ja alle wissen, sind Chinesen sehr weise Leute (aeh, vielleicht sollte ich einen Smiley in der Art von ;-) hinzufügen). Ich fragte ihn also, welches für ihn das effizienteste Mittel zur Verteidigung sei. Er lächelte hintergründig und sagte: 'schlage mich doch einmal'. Zum Spaß boxte ich in seine Richtung (echt, es war nur Spaß, ehrlich!). Er wich zurück, lange bevor mein Schlag in seine Nähe kam und sagte: "siehst Du, sei einfach nicht da".
Nun, dem ist eigentlich schon nichts mehr hinzuzufügen: wer nicht da ist, kann auch schwerlich getroffen werden.
Nicht dazusein kann aber vieles bedeuten: im engeren Sinne sicherlich, jedem Schlag etc. auszuweichen. Wenn es aber zu Schlägen überhaupt schon gekommen ist, so haben wir aber möglicherweise bereits etwas anderes falsch gemacht. Was? Nun, 'nicht dasein' kann anders verstanden werden. Es kann auch bedeuten, nicht dort zu sein, wo brenzlige Situationen entstehen können. Auch wenn Konfliktherde einfach umgangen werden 'ist man nicht da'. Logisch. Ich gebe aber gerne zu, daß es auch Situationen gibt, in denen eine Konfrontation unvermeidlich ist, etwa wenn Aggressionen plötzlich und unvorbereitet auftreten. Dazu aber noch später.
Ergo: erst wenn keine Möglichkeit des Ausweichens ('nicht-da-sein im weiteren Sinne') mehr gegeben ist, sollte man sich wehren. Und da dann wieder 'nicht-da-sein' (im engeren Sinne). Verteidigung ist also mehr als das Wehren gegen einen Angreifer. Verteidigung muß schon beginnen, bevor es zu einem feindlichen Verhalten kommt. Merke: wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.

Regel Nr. 2: "Wagemut tut selten gut"

Man könnte auch sagen, daß die Halbwertszeit von Helden in der Regel nicht besonders hoch ist. Es ist nun einmal nicht wie bei James Bond, der keiner Gefahr ausweicht und alles meistert, ohne daß die Bügelfalte auch nur ansatzweise angegriffen wird. Zu bedenken ist auch, daß Imponiergehabe gewöhnlicherweise ins Tierreich gehört. Wer also meint, jemandem durch naßforsches Verhalten etwas beweisen zu müssen - bitteschön. Die Wahrscheinlichkeit, einen vor den Latz geknallt zu bekommen, steigt. Zwar gibt es auch Sprüche wie 'wer wagt, gewinnt' oder 'dem Mutigen gehört die Welt' oder auch das geflügelte Wort vom 'kalkulierten Risiko'. Das alles sollte man sich aber für den Skatabend aufheben.

Regel Nr. 3: "Kalt kommt gut"

Hm, mit welchem schlauen Spruch könnte ich denn diesmal anfangen? 'In der Ruhe liegt die Kraft' vielleicht? Nun, was ich eigentlich damit sagen will ist, daß es nichts, aber auch absolut gar nichts bringt, sich irgendwie provozieren zu lassen. In unserer Zeit scheinen Beleidigungen leider dazuzugehören. Und? Sollte es uns nicht nur ein kaltes (!) Arschrunzeln kosten? Klar muß man sich nicht alles gefallen lassen. Es wirkt aber wesentlich überlegener, wenn man einen kühlen Kopf bewahrt. Wenn der 'Provokator' (soon coming: Provokator II, starring Arnold Warzenschegger) merkt, daß er auf die Methode nicht weiterkommt, wird er eventuell schon das Interesse an einer Auseinandersetzung verlieren. Oftmals ist es ja so, daß eine Auseinandersetzung erst verbal begonnen wird und es erst später (vielleicht) zu Tätlichkeiten kommt. Wenn kein Feedback auf eine Anmache kommt, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder läßt der Gegenüber ab, oder es kommt zu Tätlichkeiten (sog. 'Dumm-gelaufen'-Alternative). Immerhin besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß es zu letzterem nicht kommt. Und wir wollen doch wohl jede Chance zur Deeskalation nutzen, nicht wahr? Und wie heißt es doch so schön? 'Ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener Kampf' (vgl. Regel Nr. 1).

Regel Nr. 4: "Auch ein Champion kann von einem Kleinkind ausgeknockt werden, wenn genügend Leute den Champ festhalten"

Was 'Übermacht' bedeutet, muß ich ja wohl nicht darlegen. Um mal wieder einen schlauen Spruch zu bemühen (gab ja schon lange keinen mehr, hm?): 'viele Jäger sind des Hasen Tod' (oder so). Auch wenn man glaubt, noch so tolle Tricks auf Lager zu haben, gegen einen Haufen Gegner werden sie nicht viel helfen. Vielleicht kann man sich einiger Angreifer erwehren, bei einem ganzen Pulk wird dies jedoch gelinde gesagt verdammt kompliziert. Das dumme an der Sache ist ja nun, daß potentielle Angreifer oftmals in genau so einem Rudel aufhalten. Blicken wir ins Tierreich, so erkennen wir Parallelen: viele Arten ziehen im Rudel umher. Hier wie dort gibt es Rudelführer und Mitläufer. Das Ganze hat etwas unheimlich gruppendynamisches, so irgendwie. Nur leider ohne Diskussionspulli und Erdbeer-Vanille-Tee. Macht einer im Rudel den Anfang, werden die anderen schon folgen. Und weshalb wohl jagen viele Tierarten im Rudel? Richtig, weil die Beute sich dann so schön leicht erlegen läßt. Und? Lust Beute zu spielen? Na also. Ergo: (fremde) Rudel sind zu meiden. Erst recht, wenn Alkohol im Spiel ist.


Vielleicht vermißt jemand die Regel: "Es gibt keine Regeln".
Das ist ein vielpropagierter Satz, der mißverständlich ist und so eigentlich nicht gelten kann. Regeln gibt es für Angreifer wie Verteidiger. Das können solche nach Recht und Gesetz sein (vgl. unten), die auch für uns in der Verteidigungssituation gelten. Klar gelten grundsätzlich keine Regeln im Sinne von Sportlichkeit etc. . Wenn es beispielsweise nötig ist, einen am Boden liegenden Angreifer zu treten, dann muß das eben sein, aber wirklich nur im Rahmen des Notwendigen. Und dieses 'aber' ist nun einmal wieder eine Regel. Würden wir überhaupt keine Regeln für uns gelten lassen, wären wir so gut/schlecht wie der Angreifer. Und mit diesem sollten wir uns nicht unbedingt auf eine Stufe stellen wollen. Also Vorsicht mit dieser 'Regel'.


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© 1997/98/99 Christian Stücke